Die Grille mit dem Maulkorb. Eine Mediengeschichte aus Afrika

Der Dokumentarfilm schildert die politische und gesellschaftliche Entwicklung des westafrikanischen Landes Mali am Beispiel der dortigen Radiolandschaft. Sorgten in den herkömmlichen afrikanischen Gesellschaften die Griots, die traditionellen Sänger, entfernt vergleichbar etwa unseren mittelalterlichen Minnesängern, für den Transport von Neuigkeiten, aber auch die Weitergabe des Kulturgutes, so übernahm im 20. Jahrhundert mehr und mehr der Hörfunk wichtige Funktionen der Griots. In Ländern mit hoher Analphabetenquote wie Mali stellt das Radio das billigste und effektivste Medium der Massenkommunikation dar: Vor allem die ärmeren Menschen können noch immer nicht lesen, also Zeitungen nur mit Hilfe Lesekundiger nutzen, und sich andererseits Fernsehgeräte nicht leisten.
Heller und Banuls zeigen weiter, wie die erste Regierung unter Modibo Keita nach der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht im Jahr 1960 sich des Radios bediente, um für ihre sozialistischen Ziele zu werben. Als das Militär 1968 mit Unterstützung westlicher Länder die Macht an sich riss, sank der Rundfunk vom Mittel zur „Volkserziehung“ zum bloßen Propaganda- und Manipulationsinstrument herab. Ende der achtziger Jahre machte sich neuer Widerstand gegen die ständige Bevormundung durch das korrupte Militärregime von Moussa Traoré bemerkbar. Auf Flugblättern und in Untergrundzeitungen forderte eine erstarkende Demokratiebewegung Meinungsfreiheit und andere Menschenrechte. Piratensender trugen zur gleichen Zeit maßgeblich dazu bei, eine kritische Öffentlichkeit zu schaffen.
Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam auch das Ende der Diktatur von Traoré. 1992 wurde bei den ersten freien Wahlen mit Alpha Oumar Konaré ein einstiger oppositioneller Radiomacher und Historiker zum Staatspräsidenten gewählt. Rund 35 Jahre nach der Befreiung von der Kolonialmacht hat die Demokratie-Bewegung eine erstaunlich lebendige Landschaft freier Medien hervorgebracht, die zugleich die Vielfalt der politischen Strömungen widerspiegeln. In keinem anderen Land dieser afrikanischen Region gibt es heute so viele Radiostationen wie in Mali. Die vom Publikum begrüßte Medienblüte dürfte nach Ansicht der Filmemacher dabei helfen, die demokratischen Verhältnisse in dem armen Wüstenstaat zu stabilisieren.
aus: EZEF-Arbeitshilfe, Nr. 130, Reinhard Kleber, Dezember 1997

Länder/Kontinente (inhaltlich): Afrika, Mali
Produktionsjahr1996
ProduktionslandDeutschland
Ziel-/Altersguppeab 16 Jahren
Formate16 mm, VHS
Länge41 Minuten
RegiePeter Heller, Sylvie Banuls
KameraKlaus Schrader
TonAlbert Moussa Diallo
MusikYoussou N’Dour, Nahawa Doumbia
SchnittPauline Pauli, Sylvie Banuls
ProduktionFilmkraft Filmproduktion
GenreDokumentarfilm